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Einführung und Beispiel

Wahrscheinlichkeiten werden im allgemeinen so normiert, daß sie durch eine Zahl zwischen 0 und 1 beschrieben werden. Ein Ereignis mit der Wahrscheinlichkeit von 1 ( $\hat{=} 100\%$) tritt dabei mit absoluter Sicherheit auf, eines mit der Wahrscheinlichkeit 0 auf keinen Fall. Damit ließe sich die Wahrscheinlichkeit für ein ``richtiges'' Urteil bei einem Geschworenen, der zu $70 \%$ eine richtige Entscheidung $\kappa$ fällt, mit
$\displaystyle W(\kappa)$ = 0,7 (1)

beschreiben.

Wahrscheinlichkeiten zweier (und mehrerer) Ereignisse, die voneinander unabhängig sind, multiplizieren sich miteinander. Da dies für Geschworene der Fall sein sollte, gilt z.B. bei der Erhöhung der Anzahl der Geschworenen auf 2 für die Wahrscheinlichkeit eines richtigen Urteils:

$\displaystyle W(\kappa)$ = 0,72 (2)
  = 0,49 (3)

Sie ist also zunächst kleiner, da von den vier Möglichkeiten der Entscheidung nur eine (nämlich die, daß beide Geschworenen richtig urteilen) zum Erfolg führt.
Diese Unregelmäßigkeit verschwindet jedoch im allgemeinen Fall der Erhöhung der Anzahl der Geschworenen, wenn man voraussetzt, daß keine einstimmige Entscheidung, sondern lediglich eine Mehrheitsentscheidung für die Urteilsfindung notwendig ist. So hätte man bei drei Geschworenen a, b, c folgende Möglichkeiten der Entscheidungsverteilung bei den Individuen:

Nr. a b c Gemeinsames Urteil
1 f f f f
2 f f r f
3 f r f f
4 r f f f
5 f r r r
6 r f r r
7 r r f r
8 r r r r


Man erkennt, daß eine gleiche Anzahl von wahren und falschen Entscheidungsmöglichkeiten vorliegt. Wären also alle Einzelentscheidungen gleichwahrscheinlich, so erhielte man eine Gesamtwahrscheinlichkeit von (Anzahl der günstigen Fälle/Anzahl der möglichen Fälle = ) 50%.

Berücksichtigt man aber zusätzlich die Wahrscheinlichkeit der Einzelentscheidung von 0,7 für eine richtige Entscheidung und 0,3 für eine falsche Entscheidung, so ergibt sich ein anderes Bild:

Nr. a b c Wahrscheinlichkeit
1 f f f $0,3 \cdot 0,3 \cdot 0,3 = 2,7\%$
2 f f r $0,3 \cdot 0,3 \cdot 0,7 = 6,3\%$
3 f r f $0,3 \cdot 0,7 \cdot 0,3 = 6,3\%$
4 r f f $0,7 \cdot 0,3 \cdot 0,3 = 6,3\%$
5 f r r $0,3 \cdot 0,7 \cdot 0,7 = 14,7\%$
6 r f r $0,7 \cdot 0,3 \cdot 0,7 = 14,7\%$
7 r r f $0,7 \cdot 0,7 \cdot 0,3 = 14,7\%$
8 r r r $0,7 \cdot 0,7 \cdot 0,7 = 34,3\%$


Summiert man die Wahrscheinlichkeiten auf, so ergibt sich eine Gesamtwahrscheinlichkeit von $78,4\%$ für ein richtiges Urteil bzw. $21,6\%$ für eine falsche Entscheidung, was gegenüber der Entscheidung eines einzelnen Geschworenen bereits einen Zuwachs an Sicherheit bedeutet. Wichtig zu bemerken ist dabei vor allem, daß der Fall, in dem 2 Geschworene richtig und einer falsch votieren (unabhängig davon, welche), mit $3 \cdot 14,7\% = 44,1\%$ wahrscheinlicher ist als der, daß alle richtig stimmen, daß also einzelne Kombinationen durch mehrfaches Auftreten wahrscheinlicher sind als andere, die nur einfach möglich sind1. Die Menge aller Kombinationen zu einem solchen Fall nennt man die Komposition. Da es für das Ergebnis unerheblich ist, welcher Geschworene im einzelnen welches Urteil gefällt hat, berechnet man im allgemeinen direkt die Wahrscheinlichkeit einer Komposition.


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Tim Paehler
1998-10-30