Will man die peripatetische Mechanik8 verstehen, so
sollte man zunächst versuchen, seine durch das newtonsche Weltbild
geprägten Überzeugungen für einen Augenblick zu vergessen und sich
gemäß obiger Vorstellung in die Lage eines kleinen Kindes versetzen,
das die Ursache von Bewegungen ergründen will.
Beobachtet man nun die Natur, so erhält man den Eindruck, daß es Bewegungen
gibt, denen eine äußere Ursache oder Fremdeinwirkung zugrundeliegt (z.B.
eine Schubkarre, die sich bewegt, weil ein Mensch sie schiebt), und solche,
die von selbst ablaufen (das Herunterfallen eines Gegenstandes). Beide
Arten von Bewegungen haben jedoch im allgemeinen einen ruhenden Endzustand
(die Schubkarre bleibt stehen, wenn der Mensch sie nicht mehr schiebt, der
Gegenstand landet irgendwann auf dem Boden). Es liegt also nahe, Bewegung
als einen kurzzeitigen Prozeß zu betrachten, der nach Verschwinden äußerer
Einwirkung bzw. Erreichen eines natürlichen Endzustandes zum Erliegen kommt.
Dies ist der Gedankengang der aristotelischen Mechanik: Zum Aufrechterhalten
einer Bewegung ist entweder eine Kraft9 notwendig, oder die
Bewegung folgt einem natürlichen Bestreben (Ein Stein fällt dabei z.B. durch
die Luft auf die Erde, weil der natürliche Platz der Erde näher am Mittelpunkt
der Welt ist, als der der Luft).
Es gibt jedoch eine Art der Bewegung, die unmittelbar beobachtbar ist und von
anderer Qualität zu sein scheint: Die Bewegung der Himmelsgestirne, der Sonne,
Planeten und Sterne. Hier scheint keine äußere Kraft zu wirken, die Bewegung
ist gleichförmig und auf gewisse Weise wiederkehrend. Es ist nun kein großer
Schritt, anzunehmen, daß die Bewegung der Gestirne sich fundamental von den
Bewegungen auf der Erde unterscheidet und daß im Firmament eine andere
physikalische Wirklichkeit vorherrscht: Den vier irdischen Elementen
(Feuer, Luft, Wasser, Erde) wird bei Aristoteles ein himmlisches, die quinta
essentia, gegenübergestellt, dessen natürliche Eigenschaft neben
Unvergänglichkeit geometrische Aspekte wie die Bildung vollendeter
Kugeln und das Umlaufen auf Sphären um den Weltmittelpunkt
beinhaltet. (Wohl aufgrund ihrer abstrakten Klarheit wurde die
Geometrie von den Griechen auf beispiellose Weise verehrt,
weshalb sie die Welt nach allen Kräften auf geometrische Weise zu
erklären versuchten.)
Abb. 1 zeigt das aristotelische Weltbild im Überblick.