`Der institutionelle Rahmen einer Gesellschaft besteht aus Normen, die
sprachlich vermittelte Interaktionen leiten. Aber es gibt Sub-Systeme, wie,
um bei Max Webers Beispielen zu bleiben, das Wirtschaftssystem oder der
Staatsapparat, in denen hauptsächlich Sätze von zweckrationalen Handlungen
institutionalisiert sind. Auf der Gegenseite stehen Sub-Systeme wie Familie
und Verwandtschaft, die gewiß mit einer Fülle von Aufgaben und Fertigkeiten
verknüpft sind, aber hauptsächlich auf moralischen Regeln der Interaktion
beruhen.'23
Innerhalb dieses Rahmens, der die Gesellschaft, bzw. die `soziokulturelle
Lebenswelt'24
umfaßt, sind die Theorien von Marx und Weber also in erster
Linie auf Subsysteme beschränkt, nämlich auf den Wirkungskreis der bei
Habermas mit Zweckrationalität synonymen `Arbeit'. Wie ist nun also der
Begriff der Rationalität zu wählen, so daß er den gesamten institutionellen
Rahmen ausfüllt?
Da der Gesellschaft das erkennende und handelnde Subjekt zugrundeliegt, muß
eine Definition der Rationalität ebenfalls auf diesem gründen. Es erweist
sich also fast als zwingend, die Rationalität als das vom Subjekt im
gesellschaftlichen Diskurs dauerhaft Vertretbare zu verstehen.25
Auf den ersten Blick scheint dies vor allem nach traditionell rationalen
Gesichtspunkten eine unscharfe Definition, aber für eine dynamische Sicht, die
den Prozeß in der Gesellschaft gegenüber dem Produkt mindestens als
gleichwertig betrachtet, ist sie unerläßlich. Sie ist darüberhinaus insofern
eine Obermenge des traditionellen Rationalitätsverständnis, daß der Hinweis
auf die Erfahrungsrealität (z.B. bei der Überprüfung einer
naturwissenschaftlichen Theorie durch ein Experiment)
immer dauerhaft vertreten werden kann.26
Damit kann der Webersche Begriff der Rationalisierung als Fortschreiten
der Zivilisation einerseits erklärt und andererseits postuliert werden:
`Rationalisierung auf der Ebene des institutionellen Rahmens kann sich
nur im Medium der sprachlich vermittelten Interaktion selber, nämlich durch
eine Entschränkung der Kommunikation vollziehen. Die öffentliche
uneingeschränkte und herrschaftsfreie Diskussion über die Angemessenheit
und Wünschbarkeit von handlungsorientierenden Grundsätzen und Normen im
Lichte der soziokulturellen Rückwirkungen von fortschreitenden Sub-Systemen
zweckrationalen Handelns - eine Kommunikation dieser Art auf allen Ebenen
der politischen und der wieder politisch gemachten Willensbildungsprozesse
ist das einzige Medium, in dem so etwas wie ``Rationalisierung'' möglich
ist.'27
Wir wollen uns also nun in der Fortsetzung dieses Gedankens mit dem Wesen der Kommunikation auseinandersetzen.