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Mittelalter: Aufarbeitung und Verfeinerung des antiken Erbes

Das Mittelalter war wissenschaftlich gesehen vor allem durch die Vorherrschaft der Theologie geprägt, der sich nach dem damaligen Kulturverständnis die Naturphilosophie (als ancilla theologiae, ``Magd der Theologie'') unterzuordnen hatte. Mit der Rezeption und Aufarbeitung der antiken Werke, die sich teils auf Umwegen über die arabische Welt vollzog, entstand die Frage, ob man beim Auffinden von Wahrheiten der Vernunft oder dem Glauben Vorrang zu geben habe. Als Vertreter der Vernunft wurde dabei vor allem Aristoteles angesehen, die christlichen Lehren wurden neben der Bibel vor allem auf die Werke des Augustinus (354-430 n. Chr.) gestützt. An Abb. 4 läßt sich gut erkennen, wie die Berufung auf Autoritäten die Schlußweise der Scholastiker beeinflußte.
Die irdische Physik wurde dabei weiterhin untersucht, und es wurde erstmals versucht, den qualitativen Überlegungen Aristoteles' quantitative Beschreibungen hinzuzufügen. Darunter fallen die Untersuchungen zur beschleunigten Bewegung von Nicole d'Oresme ($\dagger$ 1382) und die Impetustheorie von Jean Buridan ($\dagger$ 1358), die die Bewegung eines abgeworfenen Körpers beschreibt: Anders als in der aristotelischen Sicht, die beispielsweise den Flug eines Pfeiles dadurch zu erklären versucht, daß die Luft um den Pfeil herum beim Abschuß mitbeschleunigt wird und diese während des Fluges die Bewegung aufrechterhält (Fernwirkungen waren nach Aristoteles nicht möglich), sollte nun nach Buridan dem Körper ein Impetus (Schwung) übergeben werden, der durch den Widerstand der Luft aufgebraucht wird. Man kann dies nach heutiger Sicht durchaus mit der kinetischen Energie oder dem Impuls eines fliegenden Körpers vergleichen.
Die himmlische Physik des Aristoteles und die Astronomie des Ptolemäus wurden im Mittelalter dagegen nur wenig erweitert, hier wurden wesentliche Fortschritte in der Denkweise erst wieder durch Kopernikus formuliert.


 
Abbildung: Die Schlußweise zu Zeiten der Scholastik: Thomas von Aquin beantwortet die Frage, ob die Hölle sich im Mittelpunkt der Erde befindet (nach [Sim86]).
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Tim Paehler
1998-10-04